Wie reagiert das Gewicht auf Ess- und Lebensgewohnheiten?

Will man die derzeit üblichen Gesundheitsempfehlungen, durch Gewichtsreduktion, das Herz-Kreislauf-Risiko zu reduzieren, Schäden durch Übergewicht und Diabetes zu vermeiden usw., auf einen Nenner bringen, liest man überall dasselbe: „Iss weniger und strenge Dich mehr an“.

Aber stimmt das, fragt aktuell Dr. Ehrenthal von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und zitiert aus der „Nurse Health Study I und II“ sowie der Health Professionals Follow-up-Study, die 120.877 US-amerikanische Frauen und Männer von 1986-2006, 1991-2003 und 1886-2006 untersuchten. Die Ergebnisse:

In jeder der 4-jahresperioden gewannen die Teilnehmer durchschnittlich 1,52 kg an Gewicht hinzu; d.h. dass das Durchschnittsgewicht nach 10 Jahren um etwa 5 kg zugenommen hatte und im Alter nach 20-30 Jahren eine mittlere Gewichtszunahme von ca. 10-20 kg zu erwarten ist.

Bei ungünstigen Ernährungsgewohnheiten legten die Teilnehmer, in Bezug auf den Durchschnitt zu: täglich Kartoffelchips +0,77 kg, häufig Kartoffeln +0,58 kg, zuckerhaltige Getränke +0,45 kg, rotes Fleisch (z.B. Kotelett, Steak) +0,43 kg, verarbeitetes Fleisch (z.B. Hamburger) +0,42 kg, kombinierte Fehlernährung +1,78 kg.

1/5 der Studienteilnehmer mit hatten in 4 Jahren dann etwa 1,81 kg zugenommen. Das entspricht dem durchschnittlichen Gewichtszuwachs der US-Bevölkerung.

Abgenommen, durch günstige Ernährungsgewohnheiten, haben, bezogen auf die mittlere Gewichtszunahme, die, die häufiger Gemüse -0,58 kg, Vollkornprodukte -0,17 kg, Obst -0,22 kg, Nüsse -0,26 kg und reinen Joghurt -0,37 kg zu sich nahmen.)

Folgende weitere Lebensstilfaktoren waren ebenfalls, unabhängig von der Ernährung, mit deutlichem Gewichtsveränderungen nach 4 Jahren assoziiert: körperliche Aktivitäten, Sport -0,80 kg (bezogen auf die durchschnittliche Gewichtszunahme von 1,52 kg)
nachteilig wirkten sich aus: Alkohol tägl. Drink (je 8 g Alkohol) +0,19 kg, Rauchen +2,35 kg, frühere Raucher +0,19 kg, Schlaf <6-8 Std. tägl.> +0,14, tägliches Fernsehen pro Stunde +0,14 kg.

Daraus ergeben sich folgende einfache Empfehlungen:

  • Lassen Sie die Kartoffelchips im Laden-Regal stehen.
  • Essen Sie nicht beim Fernsehen.

Die individuelle Ernährung ist ein sehr wichtiger Faktor für die weitere Entwicklung des Körpergewichtes und damit für zahlreiche gesundheitliche Risikofaktoren. Sie kann nicht überschätzt werden.

Die notwendige ärztliche Beratung sollte sich nicht damit zufrieden geben, allgemeine Ratschläge zu geben, sondern eine Auswahl an Speisen in Blick haben.

• Positive Vorschläge wie: Bevorzugen Sie Gemüse, Obst, Nüsse, reinen Joghurt und Vollkornprodukte statt Weißmehl ist durchaus wirksam zur Gewichtsreduktion.
• Das Vermeiden von Kartoffelchips, übermäßig vielen stärkehaltigen Kartoffelprodukten, gesüßten Getränken, zu viel Fleisch (besonders Hamburger, Würstchen, Boulette usw.) hat sich als wirksam zum Abnehmen gezeigt.
• Vermeiden Sie industriell hergestellte (Fertig-)Nahrungsmittel wie Weißbrot, Süßigkeiten, Fast Food usw. Das ist insbesondere auch bei Kindern und Jugendlichen wichtig.
• Angesichts zahlreicher unterschiedlicher Diätempfehlungen zum Abnehmen ist es sinnvoll, sich auf die hier als wirksam nachgewiesenen Vorschläge sowie einfache und umsetzbare Empfehlungen zu beschränken und sich viel Zeit zu nehmen.

Vorschläge aus der Praxis

  • Bewusst und langsam essen, dabei die Speisen riechen und schmecken.
  • 20-30 Minuten Essdauer sind sinnvoll.
  • Nicht beim Fernsehen, Zeitunglesen, Streitgesprächen essen, damit die natürliche Essbefriedigung („Ich bin satt“) wahrgenommen und so automatisch die für den Menschen natürliche Menge eingehalten wird.
  • Übermäßiges Würzen, Pfeffern, Süßen oder Salzen der Speisen stört und vermindert die Geschmackswahrnehmung und kann zu Fehlernährung führen.
  • Essfreude und Essgenuss sind bei den meisten Menschen von zentraler Bedeutung. Sie müssen deswegen bei allen individuellen Beratungen im Mittelpunkt stehen. Das gilt sogar für Demente.
  • Beratungen zu Lebensstilveränderungen sind ebenfalls häufig notwendig und wichtig. Sie müssen die persönlichen Vorlieben und Notwendigkeiten unserer Patienten individuell berücksichtigen.
  • Eine Motivierung zu Bewegungsförderung, Bemühungen um Abstinenz beim Rauchen und Alkoholgenuss, das Anstreben einer physiologischen Schlafdauer von 6 – 8 Stunden (mit normaler Schlafarchitektur, also ohne Schlafmittel) und die Vermeidung von übermäßigem Fernsehkonsum helfen nachweisbar beim Abnehmen.

Quellen:
Hausärztliche Leitlinie – Kardiovaskuläre Risikoprävention, Version 1.00, 1. 8. 2011
KVH (kassenärztliche Vereinigung Hessen) aktuell, Nr. 4 / 2011



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