Ärztliche und Psychologische Psychotherapie

Die Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer aus dem Jahre 2003 hat die neue Zusatzqualifikation fachgebundene Psychotherapie für Fachärzte eingeführt. Damit gibt sie Fachärzten die Möglichkeit, ihre jeweiligen (körperorentierten) somatischen Fächer um  psycho-  und sozio-therapeutische Kompetenzen zu erweitern.

Zuvor konnte jeder Facharzt den Zusatztitel Psychotherapie erwerben, um damit eine umfassend psychotherapeutisch behandeln zu können. Dafür mussten, neben den hohen Ausbildungsanforderungen in einem (tiefenpsychologisch fundierten oder verhaltenstherapeutischen) Hauptverfahren, mindestens 1 Jahr in einer psychiatrischen Klinik gearbeit und in mindestens einem Zweitverfahren Erfahrungen gesammelt werde.

Dies ist seit 2003 nur noch den Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachärzten für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, den Fachärzten für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und den Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten erlaubt. Alle anderen Fachärzte, die sich nach 2003 weiterqualifiziert haben, können nach den neuen Regelungen nur noch fachgebunden psychotherapeutisch behandeln.

Hintergrund der neu geschaffenen Psychotherapie-Qualifikation für Ärzte war ein erheblicher Nachwuchsmangel bei der 5jährigen Weiterbildung (in Hessen gibt es jährlich nur weniger als 10 Facharztprüfungen im Bereich Psychosomatische Medizin und Psychotherapie; in Psychiatrie über 40).

Der Unterschied zwischen Psychiatrie und Psychotherapie

Der Unterschied zu Ärzten für Psychiatrie und Psychotherapie, Ärzten für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie oder Psychologischen Psychotherapeuten ist, dass ein fachgebundener Psychotherapeut nur mit einem reduzierten Spektrum an Störungen vertraut sein muss.

Die Zusatz-Weiterbildung fachgebundene Psychotherapie umfasst in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die Vorbeugung, Erkennung und psychotherapeutische indikationsbezogene Behandlung von Erkrankungen des jeweiligen Fachgebietes, die durch psychosoziale Faktoren und Belastungsreaktionen mit bedingt sind.

Die Weiterbildung kann entweder in der Grundorientierung psychodynamisch / tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder in (preiswertere Ausbildung) Verhaltenstherapie  erfolgen.

Die Ausbildung in Zahlen und Fakten

Das Curriculum Fachgebundene Psychotherapie umfasst, in Ergänzung zu einer anderen Facharztkompetenz, in Hessen folgende Anforderungen:

• 120 Stunden theoretische Weiterbildung
• 16 Doppelstunden autogenes Training oder progressive Muskelrelaxation oder Hypnose
• 15 Doppelstunden Balintgruppenarbeit oder patientenbezogene Selbsterfahrungsgruppe
• 10 dokumentierte und supervidierte Erstuntersuchungen
• 15 Doppelstunden Fallseminar
• 120 Stunden supervidierte Psychotherapie, davon drei abgeschlossene Fälle
• 100 Stunden Gruppen- und Einzelselbsterfahrung im gleichen Verfahren, in dem die Grundorientierung stattfindet.

Seit 1999 gibt es das Psychotherapeutengesetz, das die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten  und zum Kinder- und Jugend-Psychotherapeuten regelt.

Während es hier eine Anforderung von 4.200 Ausbildungsstunden gibt, reichen für die fachgebundene Psychotherapie ca. 460 Weiterbildungsstunden.

Nach dem Psychotherapeutengesetz sind 600 – 800 Behandlungsstunden unter Supervision erforderlich.
Für die fachgebundene Psychotherapie 120 Stunden, d.h. ca. 3 Behandlungsfälle á 40 Stunden
(was dem Regelstundensatz in der Verhaltenstherapie entspricht und einer zunehmenden Zahl an psychiatrischen (Weiterbildungs-)Kliniken, die verhaltenstherapeutisch ausgerichtet sind, also am Symptom und am schnellen Erfolg orientiert).

Zwar wird das Defizit an Erfahrung von den Kolleginnen und Kollegen eigenverantwortlich ausgeglichen, durch Verlängerung ihrer individuellen Supervision und Weiterbildung; aber für die Zukunft sollte ein einheitliches Niveau der Anforderungen in den psychotherapeutischen Fächern und Weiterbildungen angestrebt werden – zumal am Ende alle antrags- und genehmigungspflichtige Psychotherapie erbringen und abrechnen können.

Die zunehmende Zahl an Patientinnen und Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen benötigt qualifizierte Ärzte, um die körperlichen und seelischen Erkrankungen frühzeitig und fachgerecht diagnostizieren und behandeln zu können.

(In Anlehnung an: Ärztliche Psychotherapie – quo vadis?, 8/2009, Hessisches Ärzteblatt, S. 522-524, H. Peseschkian, A. Schüler-Schneider)



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