Betriebliche Aufstellungen

Hier geht es um das Sichtbar und Erlebbar machen von inneren Bildern,
die im Betrieb wirksam, aber den Akteuren zum großen Teil nicht bewusst sind.

Diese Arbeit mit Visualisierungen durch Stellen einer Skulptur geht auf Virginia Satir zurück, die diese Methode in den 1970er-Jahren in der Familientherapie entwickelte.
In meiner Arbeit lasse ich die bewusst und bedeutungsgebenden Skulpturausdrücke weg, um unbewusste Prozesse aufzudecken, die sich aus dem Einfühlen in das eigene Körpererleben an einem bestimmten Punkt im Raum, in Relation zu anderen Bezugspunkten und Personen ergeben.

Aufgestellt wird von einem Protagonisten >sein subjektives inneres Bild von einem Zusammenhang<, wie der aktuellen Teamsituation, einem Produktionsablaufes, der Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, zur Führungsetage oder, oder …
Dabei gilt es nicht darum, „die Wahrheit“ herauszufinden, sondern neue Sichtweisen zu entdecken, die allen das Leben leichter und damit kostensparender machen.

In der Regel wird mit Stellvertretern aus der Gruppe der Anwesenden gearbeitet, die die bearbeitete Situation am besten nicht einmal kennen. Sie werden vom Protagonisten gefragt, ob sie eine Aufgabe im Spiel übernehmen möchten und werden dann für bestimmte Personen oder Aspekte, die im Bild eine Rolle spielen, im Raum platziert. Dort stehen sie einfach und spüren, was mit ihnen geschieht – denn das ist oft sehr verblüffend; manchmal passiert aber auch gar nichts. Es gibt da kein richtig oder falsch, nur die Beobachtung dessen, was ist.
Daraus ergibt sich dann der weitere Verlauf, den ich anleite oder sich – als Psychodrama im Sinne von Moreno, 1959 – entwickeln lasse.
Eine Aufstellung entwickelt sich also aus dem einfache Hinstellen von Personen, ohne Kommentierung oder Gesten; und doch empfindet jeder etwas zu seiner Position im Raum, in der Relation zu den Mitbeteiligten und während neue Figuren ins Spiel gebracht werden.
Denn die somatischen Marker (Damásio, 1994)  sind spontanen Reaktionen des Organismus, die Sympathie oder Antipathie anzeigen; aber auch empathisches Mitgefühl spielt hier eine Rolle.
So wird Gelegenheit geschaffen, das ursprünglich innere Bild eines anderen von einer Situation oder von Beziehungen auch selbst – als Teilnehmer an der Aufstellung oder als Zuschauer – ganz konkret zu erleben, im Raum offen vor sich und in einer Entwicklung zu sehen, so dass das, was sonst nur im Kopf stattfindet, allen bewusste Eindrücke und Arbeitsgrundlagen für Veränderungen ermöglicht.
Das funktioniert sogar, wenn die inneren Bilder anonym, also nur für den Aufsteller sinnhaft, für die Beobachter jedoch inhaltlich verdeckt bleibend, bearbeitet werden.
Entsprechen kann man mit dieser Gruppen-Methode sowohl mit den Betroffenen direkt, wie auch mit Stellvertretern, also indirekt arbeiten.
Ziel ist es, neue kreative Lösungswege, sozusagen im „Labor“ auszuprobieren und mit den entstandenen Möglichkeiten in der Realität entspannt weiter zu arbeiten.

Information ist immer an eine Geometrie, an eine Form gebunden. Diese entsteht hier offenbar um den imaginären Mittelpunkt der Aufstellung herum. Sie kann von den aufgestellten Stellvertretern wahrgenommen und mitgeteilt werden.
Da die aufgestellten Stellvertreter von den stillen „Übereinkünften“ im System – was dazugehört, was Tabus ist und was nicht – frei sind, können bisher nicht beachtete (unbewusste) Gesichtspunkte ans Licht kommen.
Mit dem Sichtbaren, dem Bewussten und Bewusst gewordenen (z.B. konflikthaften), lässt sich dann leichter arbeiten, als mit dem im Schatten verborgenen, dem Unbewussten und nicht Gekannten, das aber im Untergrund dennoch seine Wirkung entfaltet.
Denn Unbewusstes wirkt, obschon – oder gerade weil – wir es nicht wissen!
Man stolpert ja eher in Löcher, die man nicht sieht, als in solche, die klar erkennbar sind.

Da kann es für die Alltagsbewältigung sehr nützlich sein, das System einmal mit ganz anderen Augen zu sehen und die ganz anderen Wahrnehmungen auf ihr Funktionieren hin zu prüfen.
Die Bewältigungsstrategien müssen zusammen passen, wenn man erfolgreich seine und die Bedürfnisse des Systems befriedigen will.

Immer – also in Ihrer Arbeit, wie in meiner – gilt das dialogische Prinzip (Martin Buber, 1962), das Zwiegespräch, das Zustimmung sucht, Grenzen achtet und Wechselwirkungen im Blick hat; auch wenn ich während der Arbeit lenke, moderiere, zu Experimenten einlade.
Jeder Teilnehmer am Geschehen ist für sich, wie immer im Leben, Chef, steht in der Selbstverantwortung, zu entscheiden, wie weit der Blick gehen soll, wo die Grenzen sind, wo ein persönliche STOP zu setzen ist.
Auch wenn ich in der Gruppe als wissender Experte da bin, so weiß ich nichts besser, als Sie; ich weiß vermutlich etwas anderes als Sie, schaue aus einer anderen Perspektive; dennoch ist es wichtig, dass alles, was Sie betrifft, hinreichend besprochen und verstanden wird, dass ausprobiert und gefühlt werden darf, was stimmig ist, was leicht und froh macht und was für Sie und die anderen funktioniert und Sinn macht.
Die fachkundige Begleitung soll die z.T. aus unvollständigen Informationen entwickelten (früheren) Konzepte ergänzen, nicht gesehene Aspekte oder Personen ins Spiel bringen, neue Bezüge herstellen, unterbrochene Bewegungen oder Emotionen zu Ende führen. Das geht – im Idealfall – so lange, bis sich am Ende der Arbeit alle gewürdigt, wohl und am rechten Platz fühlen.
Wo alte Konzepte bisher blockierend wirkten, kann durch die Bewusstwerdung ein ver-rücktes
Bild zurechtgerückt werden und ein neues Bild (er)lösend wirken.
Das Anschauen der gemeinsamen Realität schafft Beziehung, bringt Klärungen und macht Veränderungen möglich.  Unbewusstes Agieren kann von bewusstem Handeln abgelöst werden. Mut, Offenheit und Vertrauen werden zu tragenden Säulen des Miteinander, statt Angst, Interpretation und übertriebene Kontrolle.

So richten wir in den Aufstellungsgruppen den Blick auf Lösungen und Handeln. Denn oft ist Jammern und Leiden (auf eine gewisse Weise) „leichter“, als zielführend zu Handeln.
Da kann es hilfreich sein, sich bewusst zu machen, dass das für uns Problematische häufig aus Beschreibungen der Welt entsteht, wie sie eben nicht ist – sonst hätten wir ja kein Problem.
Freundlicherweise kann uns gerade dort, im Problem, offenkundig werden, worin aktuell unsere Herausforderung liegt; und genau dort bekommen wir unsere Ressourcen zur Lösung der Aufgabe zu sehen.
z.B. könnten wir entdecken, wo wir mit etwas Falschem identifiziert sind; wo wir gegen etwas Richtiges oder gegen eine notwendige Entwicklung Widerstand leisten; wo wir am überholten Alten festhalten oder wo wir mit fremden Schicksalen verstrickt sind.
Dort ist unsere Kraft gebunden; von dort aus kann Vervollständigung kommen und Kraft zum Tun und Lebensfreude.

Unsere Wirklichkeit ist das, was wir zusammen mit anderen hervorbringen – und, was in einem Kreisprozess auf uns zurückwirkt. (Maturana und Varela,
1987)
Demzufolge leben und bilden wir immer Kreise = Systeme und existieren nie als Einzelwesen. Logischerweise sehen wir aus der Perspektive, aus der wir schauen, nur einen Teil vom Ganzen. So wird manches verzerrt für wahr genommen; anderes erzeugt in uns Wirklichkeiten nach dem Hörensagen oder gar aus bloßen Annahmen, auch wenn entsprechendes draußen in der Realität nicht aufzufinden ist.
So brauchen wir die anderen, denn nur mit ihrer Hilfe können wir unser Bild von der Welt vervollständigen, angemessener Handeln und – in Kooperation – größeres vollbringen.
Rainer Maria Rilke drückt es folgendermaßen aus:
„Ob etwas ein Leben werden kann, das hängt nicht von den großen Ideen ab, sondern davon, ob man sich aus ihnen ein Handwerk schafft, ein tägliches, etwas, das bei einem aushält bis ans Ende.“

Die – durch die ganzkörperlich erlebte Erfahrung – in den Aufstellungen entstandenen neuen inneren Bilder verändern Haltungen, die Kommunikation und damit das soziale Gefüge.
So unterstützt die Arbeit nachhaltig die Selbstheilungskräfte / die Selbstorganisationsprozesse und gibt Anstöße für sinnvolles, zielstrebiges, alternatives, verantwortliches Handeln. 



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