Aufstellungen

Systemische Aufstellungen sind vornehmlich eine Methode der Gruppentherapie; in der Einzelsitzung lassen sie sich nur improvisieren. Dies gilt zumal in meiner Vorstellung vom therapeutischen Arbeiten das dialogische Prinzip eine wesentliche Rolle hat. So entwickeln sich Aufstellungen unter meiner Regie immer wieder auch zum Rollenspiel, das weitere Erkenntnismöglichkeiten eröffnet.

Das Anschauen der gemeinsamen Realität schafft Beziehung, bringt Klärungen und macht Veränderungen möglich.  Unbewusstes Agieren kann von bewusstem Handeln abgelöst werden. Mut, Offenheit und Vertrauen werden zu tragenden Säulen des Miteinander, statt Angst, Interpretation und übertriebene Kontrolle.

Unsere Wirklichkeit ist das, was wir zusammen mit anderen hervorbringen – und, was in einem Kreisprozess auf uns zurückwirkt.

So leben und bilden wir immer Kreise = Systeme und existieren nie als Einzelwesen. Logischerweise sehen wir aus der Perspektive, aus der wir schauen, nur einen Teil vom Ganzen. So wird manches verzerrt für wahr genommen; anderes erzeugt in uns Wirklichkeiten nach dem Hörensagen oder gar aus bloßen Annahmen, auch wenn entsprechendes draußen in der Realität nicht aufzufinden ist. Wir brauchen die anderen, denn nur mit ihrer Hilfe können wir unser Bild von der Welt vervollständigen,
angemessener Handeln und – in Kooperation – größeres vollbringen.

So richten wir in den Aufstellungsgruppen den Blick auf Lösungen und Handeln. Denn das für uns Problematische entsteht ja aus einer Beschreibungen der Welt, wiesie eben nicht ist – sonst hätten wir ja kein Problem. Aber genau dort, im Problem, liegt unsere Herausforderung und genau dort bekommen wir unsere Ressourcen zu sehen. z.B. wo wir identifiziert sind mit dem Falschen, wo wir Widerstand leisten gegen das Richtige, festhalten am überholten Alten oder verstrickt sind. Dort ist unsere Kraft gebunden; von dort aus kann Heilung kommen, Kraft zum Tun und Lebensfreude.

Rainer Maria Rilke drückt es folgendermaßen aus:
Ob etwas ein Leben werden kann, das hängt nicht von den großen Ideen ab, sondern davon, ob man sich aus ihnen ein Handwerk schafft, ein tägliches, etwas, das bei einem aushält bis ans Ende.

Die Geschichte der Aufstellungen hat sich aus dem Stellen von Familienskulpturen Virginia Satir´s, der Skriptanalyse Eric Berne´s und Arthur Janov´s Primärtherapie entwickelt und geht in der ursprünglichen Form auf Bert  Hellinger zurück.

Insbesondere inhaltlich kann ich mich allerdings seiner z.T. dogmatischen Art zu arbeiten, wie auch seinen z.T. der rechten politischen Szene zuneigenden Ansichten in keiner Weise anschließen.

Mir gefällt allerdings, dass Hellinger davon ausgeht, dass es immer die Liebe ist, die Menschen dazu bringt, sich zu verstricken – auch und gerade ins Unglück. Verstrickungen können entstehen, wenn sich jemand von Aufgaben, die ihm das Leben stellt, überfordert fühlt und seine Verantwortung nicht übernimmt oder die damit verbundenen Gefühle verdrängt. Unter dem Mantel des Vergessens aber werden Probleme nicht gelöst, sondern weitergetragen und weitergegeben. So agieren manche ein Schicksal aus, ohne zu
ahnen, dass es nicht ihr eigenes ist. Auch in der Form, wie schon gesagt, wie sich das Stellen entwickelt, arbeite ich oft anders, ebenso nutze meine (körper)therapeutischen Erfahrungen. Ich gehe nicht von einem wissenden Feld aus, das nur der Meister sieht, sondern von spürbaren Wahrnehmungen, die sich im Dialog zeigen. Am Ende einer jeden Arbeit gibt es ein mir zu Aufstellung passend erscheinendes Stück Musik als Dankeschön. Aber auch darüber hinaus besteht von mir aus das Angebot, wiederzukommen.

Das Schöne bei dieser Arbeit ist, die Aufstellenden, können – nachdem sie ihr inneres Bild von ihrer gegenwärtigen Familie, ihrer Herkunftsfamilie, ihrem Problem, dem Arbeitsteam oder was immer ihr Anliegen ist, mit Stellvertretern aus der Gruppe für uns aufgestellt und sichtbar gemacht haben – entspannt zuschauen, wie sich die Dinge für sie entwickeln, können sich davon berühren lassen oder auch nicht, können sortieren, was sie zu sich nehmen wollen und was nicht.

Während der Arbeit werden lediglich historische Fakten nachgefragt (z.B. frühere Partner? Schicksalsschläge? ist jemand aus dem System ausgestoßen? etc.), um das Spekulative einzugrenzen. (Diese Daten sollten Sie also vor einem Seminar erfragen.)

Durch das einfache Hinstellen – ohne Kommentierung oder Gesten – wird das innere Bild und Beziehungen im System (so wie sie in diesem Augenblick in der Vorstellung des Aufstellenden sind) im Außen, sozusagen pur, sichtbar und erlebbar. Es kann nun neu erfahren und das Bild bearbeitet werden. Später, wenn alle einen Platz gefunden haben, der sich stimmig anfühlt, kann die/der Aufstellende sich auch selbst in das Bild hineinstellen und erfassen, wie sich das Neue anfühlt. Manchmal wollen und können die Aufstellenden dort dann noch ein Stück weiter gehen und etwas (zunächst in sich selbst) zu einem guten Ende bringen, bevor sie mit dem Lösungsbild wieder in den Alltag gehen und es wirken lassen.

Information ist immer an eine Geometrie, an eine Form gebunden. Diese entsteht hier offenbar um den imaginären Mittelpunkt der Aufstellung herum. Sie kann von den aufgestellten Stellvertretern wahrgenommen und mitgeteilt werden. Da die aufgestellten Stellvertreter von den stillen „Übereinkünften“ im System, was dazugehört, was Tabus ist und was nicht, frei sind, können bisher nicht beachtete (unbewusste) Gesichtspunkte ans Licht kommen.

Da Unbewusstes wirkt, obschon – oder gerade weil – wir es nicht wissen, kann es für die Alltagsbewältigung sehr nützlich sein, das System einmal mit ganz anderen Augen zu sehen und ganz neue Wahrnehmungen auf ihr Funktionieren hin zu prüfen. Man stolpert ja eher in Löcher, die man nicht sieht, als in solche, die klar erkennbar sind. Die Bewältigungsstrategien müssen zusammen passen, wenn man erfolgreich seine und die Bedürfnisse des Systems befriedigen will.

Durch fachkundige Begleitung können die z.T. aus unvollständigen Informationen entwickelten Konzepte ergänzt, die nicht gesehenen Aspekte oder Personen ins Spiel gebracht, neue Bezüge ausprobiert und unterbrochene Bewegungen oder Emotionen zu Ende geführt werden. Das geht so lange, bis sich am Ende alle gewürdigt, wohl und am rechten Platz fühlen. Wo alte Konzepte bisher blockierend wirkten, kann durch die Arbeit ein verrücktes
Bild zurechtgerückt werden und ein neues Bild (er)lösend wirken.

Die durch die ganzkörperliche Erfahrung in den Aufstellungen entstandenen neuen inneren Bilder verändern dann die Kommunikation und damit das soziale Gefüge. So unterstützt die Arbeit nachhaltig die Selbstheilungskräfte und gibt Anstöße für
alternatives, verantwortliches Handeln. Das ist das Ziel.

Die Anwendung der Methode durch fachlich nicht hinreichend Qualifizierte kann durchaus auch schädliche Nebenwirkungen, wie Todesfälle nach Herllinger-Seminaren zeitigten. Wo immer Sie sich auf potentiell tiefgreifende (therapeutische) Prozesse einlassen, sollte für eine fachkundige Begleitung gesorgt sein.

Das Miterleben und die einfühlende Teilhabe an fremden Bildern, Positionen und
Systemen ist für alle – für Aufstellende wie für Gäste, die in meinen Seminaren zwar aufgestellt werden, ihre eigenen Fragen jedoch nicht mittels eigener Aufstellung in der Gruppe bearbeiten – ein berührender Erfahrungs- und Lernprozess. Zwangsläufig ergeben sich dabei für alle Anwesenden neue Horizonte bezüglich des eigenen Erlebens, der eigenen Lösungsmuster und Beziehungen.



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