Übersicht über die „Psychoberufe“
Für Patienten und Hilfesuchende ist es oft schwierig, sich im “Dschungel der Psychoberufe” zurechtzufinden.
An wen wende ich mich mit einer Depression? Wer darf Medikamente verschreiben oder ist zur Ausübung der Psychotherapie berechtigt? Zahlt meine Krankenkasse diese Behandlung oder muss ich sie selbst tragen?
All diese Fragen werden sehr häufig gestellt. Darum hier von einem Fachmann eine Übersicht, die als Wegweiser dienen kann.
(Der Einfachheit halber wurden durchweg männliche Bezeichnungen benutzt.)
Gliederung:
1. Psychotherapeut
a. Ärztlicher Psychotherapeut
b. Psychologischer Psychotherapeut
c. Heilpraktiker für Psychotherapie
2. Psychosomatiker
a. Facharzt für Psychotherapeutische Medizin
b. Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
3. Psychiater a. Facharzt für Psychiatrie
b. Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
4. Nervenarzt
a. Facharzt für Psychiatrie und Neurologie
b. Facharzt für Neurologie sowie Psychiatrie und Psychotherapie
5. Neurologe a. Facharzt für Neurologie
b. Facharzt für Neurologie mit Fachgebundener Psychotherapie
6. Suchttherapeut
a. Ärzte
b. Psychologen
c. Sozialpädagogen & Sozialarbeiter
d. Pädagogen
7. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut
a. Facharzt
b. Psychologen
c. Sozialpädagogen & Sozialarbeiter
d. Pädagogen
8. Zusätzliche Spezialisierungen ohne Anerkennung
a. Traumatherapeut
b. Sexualtherapeut
1. Psychotherapeut
Die Bezeichnung Psychotherapeut ist seit dem Psychotherapeutengesetz 1999 in Deutschland ein geschützter Begriff. Drei staatlich anerkannten Berufsgruppen dürfen mittlerweile die Bezeichnung Psychotherapeut führen (nachfolgend unter a., b. und c. erklärt).
a. Ärztlicher Psychotherapeut
Der ärztliche Psychotherapeut hat nach dem Abitur Medizin studiert, ist damit ein Arzt. Nach dem Studium hat er eine mehrjährige berufsbegleitende Psychotherapie Weiterbildung neben seiner Facharztausbildung absolviert. So z. B.
- Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
- Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
- Facharzt mit der Zusatzbezeichnung „Psychotherapie“
- Facharzt mit der Zusatzbezeichnung „Fachgebundene Psychotherapie“.
Zu 1. Ein Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie hieß vor 2003 „Facharzt für Psychotherapeutische Medizin“ und hat sich auf die psychotherapeutische Behandlung, Prävention und Rehabilitation von psychosomatischen Erkrankungen spezialisiert.
Zu 2. Im Rahmen der psychotherapeutischen Versorgung können Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie als niedergelassene ärztliche Psychotherapeuten zugelassen werden. Sie arbeiten dann rein psychotherapeutisch wie ein Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Sie können sich aber auch als Fachärzte für Psychiatrie (siehe Psychiater) niederlassen.
Zu 3. Ein Arzt mit der Zusatzbezeichnung „Psychotherapie“ kann ein Facharzt beliebiger fachärztlicher Weiterbildung, z.B. als Allgemeinmediziner, Internist, Gynäkologe, Hautarzt usw. sein, der eine zusätzliche allgemeine psychotherapeutische Weiterbildung absolviert hat. Vor 2003 hießen diese Ärzte „Facharzt mit Zusatzbezeichnung Psychotherapie“.
Zu 4. Ein Arzt mit der Zusatzbezeichnung „Fachgebundene Psychotherapie“ ist ein beliebiger Facharzt mit einer zusätzlichen Weiterbildung in den psychotherapeutischen Problembereichen seines Faches (etwa beim Neurologen die psychogenen Störungen des Nervensystems). Vor 2003 hießen diese Ärzte „Facharzt mit Zusatzbezeichnung Psychotherapie“.
b. Psychologischer Psychotherapeut
Ein Psychologischer Psychotherapeut hat nach dem Abitur an einer Hochschule Psychologie studiert und schloss das Studium mit einem Diplom oder neuerdings Master in Psychologie ab. Dabei muss das Fach Klinische Psychologie Teil des Studiums gewesen sein. Nach dem Studium absolviert der Psychologe dann eine mehrjährige psychotherapeutische Zusatzausbildung, die in Vollzeit mindestens drei oder berufsbegleitend mindestens fünf Jahre gedauert hat. Die Anerkennung dieser Ausbildung wird durch eine Approbation einer Landesärztekammer, als zuständige Behörde, bestätigt.
c. Heilpraktiker für Psychotherapie
Heilpraktiker dürfen grundsätzlich auf dem freien Markt ebenfalls psychotherapeutisch tätig werden. Die Kosten für solchen Psychotherapien werden von den gesetzlichen Krankenkassen abgelehnt. Einige Privatversicherungen übernehmen jedoch zum Teil die Kosten.
Heilpraktiker müssen kein akademisches Studium abgeschlossen haben, wie es von allen anderen Berufsgruppen verlangt wird, die Psychotherapien abrechnen. Kurse, wie sie an Heilpraktikerschulen angeboten werden unterliegen keiner staatlichen Kontrolle. Heilpraktiker, die psychotherapeutisch tätig werden möchten, müssen eine Amtsärztliche Prüfung nach dem Heilpraktikergesetz ablegen. Darin wird vor allem das Wissen darüber geprüft, welche Krankheitsbilder Heilpraktiker nicht behandeln dürfen. Heilpraktiker verfügen über keine klinische Erfahrung in der Diagnostik und Behandlung psychischer Störungen.
Einige der verschiedenen Bezeichnungen, die Heilpraktiker mittlerweile offiziell benutzen, sind „Heilpraktiker (Psychotherapie)“, „Heilpraktiker für Psychotherapie“, „Psychologischer Berater, staatlich zugelassen für Psychotherapie nach HPG“.
2. Psychosomatiker
Psychosomatiker ist die moderne Bezeichnung für den Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie seinen Vorgänger, den Facharzt für Psychotherapeutische Medizin. Der Begriff soll implizieren, dass er ein Spezialist in der Prävention, Erkennung und Behandlung psychosomatischer Erkrankungen und Störungen ist.
3. Psychiater
Ein Psychiater ist ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und führt die psychiatrische Grundversorgung durch. Er kann aufgrund seiner psychotherapeutischen Qualifikation Psychotherapien durchführen, hat allerdings, aufgrund der psychiatrischen Versorgungstätigkeit, selten Zeit sich ausgiebig an der Richtlinien-Psychotherapie* zu beteiligen. Ein Psychiater behandelt oftmals die schweren psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie, Manien, schwere Depressionen, Suchterkrankungen und sämtliche hirnorganische Störungen.
Sein Hauptbehandlungsmittel sind die Psychopharmaka, deren Umgang er besonders beherrscht.
4. Nervenarzt
Nervenarzt ist eine alte Bezeichnung für einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Dieser Facharzt hat nach dem Studium eine Facharztausbildung sowohl in Neurologie als auch in Psychiatrie absolviert. Er hat entweder drei Jahre Neurologie und zwei Jahre Psychiatrie oder zwei Jahre Neurologie und drei Jahre Psychiatrie Weiterbildung hinter sich. Für die Facharztprüfung musste jedoch für beide Bereiche fit sein. Im Rahmen einer Facharztreform 1994 wurde der Doppelfacharzt abgeschafft und ein Arzt musste sich seither entweder für die Neurologie oder die Psychiatrie entscheiden.
Wenn ein junger Kollege sich als Nervenarzt bezeichnen wollte, dann müsste er heute zwei getrennte Facharztweiterbildungen und Prüfungen abschließen. Er wäre dann Facharzt für Neurologie und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er hätte damit dann zwei Facharztbezeichnungen.
5. Neurologe
Ein Facharzt für Neurologie ist ein Spezialist für Erkrankungen des Nervensystems, also des Gehirns, Rückenmarks, Nervenbahnen, in Verbindung mit der Muskulatur sowie des so genannten vegetativen Nervensystems (die u.a. Eingeweide und Sinnesorgane mit steuern).
Es geht also um Erkrankungen wie Demenz, multiple Sklerose und Parkinson. Ein Neurologe führt eigentlich keine Psychotherapien durch, sondern ist hauptsächlich mit der Diagnostik, Prävention und Behandlung von Nervenleiden beschäftigt.
Ein Neurologe kann allerdings, wie jeder andere Facharzt auch, eine psychotherapeutische Weiterbildung machen. Er erwirbt dann die Zusatzbezeichnung Fachgebundene Psychotherapie und kann damit Patienten mit Grunderkrankungen aus seinem neurologischen Fachgebiet psychotherapeutisch behandeln.
6. Suchttherapeut:
In der Psychotherapie von Suchterkrankungen, auch Suchttherapie genannt, werden sowohl ambulant, tagesklinisch als auch stationär, die gleichen Berufsgruppen wie oben beschrieben, sowie die der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie zu den suchttherapeutischen Ausbildungen zugelassen. Dort findet man also Ärzte, Psychologen, Sozialpädagogen sowie Sozialarbeiter und Pädagogen als Therapeuten.
7. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut
Bei der Zusatzausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten werden in Deutschland neben Ärzten und Diplom-/Master-Psychologen auch Diplom-/Master- Pädagogen (Lehrer) und Diplom-/Master-Sozialpädagogen zugelassen.
8. Zusätzliche Spezialisierungen ohne Anerkennung
Es gibt für Ärzte, Psychologen, Heilpraktiker, Sozialpädagogen sowie Sozialarbeiter und Pädagogen keine geschützte Bezeichnung als Traumatherapeuten, so wie es auch keine geschützte Bezeichnung als Sexualtherapeuten gibt.
D. h., dass jeder diese Bezeichnungen benutzen kann, der entsprechend eines der überall angebotenen Kurse, Seminare oder Ausbildungen besucht hat. Ein solcher Abschluss ist nicht staatlich anerkannt. Die Benutzung einer solchen Bezeichnung dient mehr der Bekanntmachung einer Spezialisierung bzw. eines Erfahrungswertes.
* Erklärung: Richtlinien-Psychotherapie: 1967 wurden die Psychotherapierichtlinien durch den Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen verabschiedet. Damit wurden die beiden Psychotherapieverfahren der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie und der analytischen Psychotherapie als Kassenleistungen aufgenommen. 1980 kam die Verhaltenstherapie als dritte Richtlinien-Psychotherapie hinzu.
In Anlehnung an den Artikel von Dr. med. Scott Friedberg, FA für Psychotherapeutische Medizin, FA für Psychiatrie und Psychotherapie, Rehabilitationswesen in Potsdam.